Nun heisst es Abschied nehmen... An meinem letzten Tag habe ich heute nochmals einen Tag im Fistula Hospital verbracht. Nachmittags bin ich mit den Patientinnen eine Weile auf der Treppe gesessen, habe Fotos gemacht und mit ihnen gelacht, versucht mit Mimik, Händen, Füssen und vor allem mit einem zutiefst berührten Herzen zu kommunizie- ren, ihnen zu zeigen, dass ich auch weiterhin an sie denken werde und sie für mich ganz starke Vorbilder sind, unglaub- lich starke Frauen, die trotz all dem Schwierigen, das sie erlebt haben, nicht aufgeben und die Freude am Leben nicht ganz verlieren oder zumindest wiederfinden. All diese Frauen jeden Alters haben eine unglaubliche Leidensge- schichte hinter sich, meist eine tagelange Geburt irgendwo in ihrem Dorf auf dem Land, ohne Begleitung ausgebildeter GeburtshelferInnen. Diese Geburten enden zumeist ohne lebende Kinder und lassen die Mütter mit so schweren inneren Verletzungen zurück, dass sie danach mit einer Urin- oder Stuhl- Inkontinenz weiterleben müssen. Die damit verbun- denen Unannehmlichkeiten führen sehr häufig dazu, dass sie von ihren Partnern und manchmal gar von ihren Familien verlassen werden und deshalb abgesondert und alleine irgend in einer Hütte in einem unglaublichen Elend ihre Tage und Nächte verbringen. Wenn sie Glück haben finden sie irgendwann, manchmal nach vielen Jahren, den Weg in eines der Hamlin Fistula Hospitals, wo sie operiert werden und endlich alle notwendigen Behandlungen bekommen, um wieder in ein einiger- massen normales und menschenwürdiges Leben zurückzufinden. Die Behandlung ist für sie kostenlos, das Spital finanziert sämtliche Kosten über Spenderorganisationen. Ich hoffe, ihr versteht, dass ich euch deshalb an dieser Stelle nochmals wärmstens empfehle, Hamlin Fistula Ethiopia und dadurch vor allem auch diese Frauen zu unterstützen. Ihr findet sowohl direkt auf der Homepage von Hamlin Fistula Ethiopia, als auch auf jener von Greenlamp, einer schweizerischen Organisation, welche sich die Unterstützung von Hamlin Fistula Ethiopia zur Aufgabe gemacht hat, alle erwünschten Informationen und Spendemöglichkeiten. Hamlin Fistula Ethiopia bietet nicht nur die Behandlung geburtsbedingter Fisteln und deren Folge- probleme an, sondern wirkt präventiv, indem sie junge Frauen vom Land zu fähigen Hebammen ausbildet, die nach der Graduierung für mindestens vier Jahre in einem einfachen Healthcenter ihrer Region tätig sein und dabei weiterhin von Hamlin Fistula Ethiopien unterstützt werden.

Diese Frauen, die hier zusammen traditionelle äthiopische Enjera zum Mittag- essen geniessen, sind aus den verschiedensten ländlichen Gebieten Äthiopiens zusammengewürfelt, mit verschiedenen Sprachen, Kulturen, Religionen, und doch durch ihre gemeinsame Vergangenheit zu einer neuen Familie zusammen- gewachsen. In diesem Raum des Hospitals warten die Frauen geduldig auf ihre Fisteloperation, geben einander Mut und Hoffnung, lachen viel miteinander und sind so gegenseitig ihre eigenen Psychotherapeutinnen. Auch mir gegenüber sind sie so herzlich, dass ich zutiefst berührt bin. Als ich mich verabschiede, bedanken sie sich bei mir, dass ich drei Monate mitgeholfen habe, junge Hebammen auszubilden, die dazu beitragen werden, geburtsbedingten Fisteln vorzubeugen und die Kinder- und Müttersterblichkeit in Äthiopien zu senken.

Diese Patientinnen leben für eine längere Zeit in Desta Mender, da sie auf erreichbare medizinische Hilfe angewiesen sind. Als meine Nachbarn während der Zeit, in der ich auch in Desta Mender gewohnt habe, haben sie mich stets herzlich begrüsst, mir ein strahlendes Lachen geschenkt oder Kusshände geschickt. Auch hier teilen sie einen gemeinsamen Alltag, kochen und essen zusammen, waschen hinter dem Haus ihre Kleider und haben immer viel zu erzählen...
Mein ehemaliges Zuhause ist nun auch wieder für Studentinnen eingerichtet und sieht deutlich weniger komfortabel aus, als wie es für mich eingerichtet war.

Bye bye college und Desta Mender! Viele Male bin ich die Strecke Addis - Desta Mender mit dem Staff Transport gefahren, die letzten und auf dem Rückweg ersten 10 Minuten jeweils über die holprige Schotterpiste, vorbei an den Blechhütten, den Wasserstellen mit all den Leuten, die ihre orangen Wasser- kanister füllen, vorbei an den Feldern, die mit tierischer Hilfe bestellt werden und all den Frauen, die mit ihren schweren Lasten weite Strecken zurücklegen. Esel prägen das Strassen- und Landschaftsbild überall, meistens sind sie beladen mit Wassereimern, Baumaterial, Brennholz oder anderem. Immer wieder wunderbar anzusehen sind auch die vielen bunten Fruchtstände, welche ich mir in der Schweiz wirklich wünschen würde!

Ganz unscheinbar stehen überall in Addis diese mittelgrossen, länglichen Blechkisten, wie auch hier bei der Auffahrt vom hinteren Tor des Fistula Hospitals. Dies sind tausende von kleinsten Behausungen, oft trag-, respektive schiebbar, damit sie an neue Orte versetzt werden können. Hier schlafen Menschen in diesen Blechkisten, mit sämtlichem Hab und Gut neben sich. Oft sind die Kisten tagsüber mit kleinen Schlössern abgeschlossen, denn es sind ja eigentlich kleinste "Häuser", auch wenn sie sozusagen als Ganzes weggetragen werden können. Anfangs fallen Neulingen wie mir diese vielen Blechcontainer gar nicht auf, erst wenn jemand darauf hinweist, sind sie plötzlich an jeder Ecke zu entdecken. Was für ein Leben, wenn auch mit einem Dach über dem Kopf...

Nachdem das Internet tagelang angeblich landesweit durch die Regierung blockiert wurde, kann ich heute erstmals wieder Mails empfangen und verschicken sowie diesen Blog aktualisieren. Der Grund der Internetblockade liegt in den aktuell stattfindenden landesweit anerkannten Final Exams aller staatlichen Schulen, deren Prüfungsfragen offenbar letztes Jahr übers Internet verbreitet worden sind, was, wenn ich richtig informiert bin, zu einer Prüfungswiederholung geführt hat. Damit dies nicht wieder geschehen kann, wurde die Verbindung am letzten Dienstag landesweit unterbrochen. Nur wenigen Ausnahmen wie internationalen Hotels wurde zeitweise eine reduzierte Verbindung gewährt. Dadurch war auch das Hamlin Fistula Hospital sowie das Hamlin College ausser via Telefonverbindung und sms nicht mehr erreichbar, was vor allem mühsam war, weil exakt über die letzten Tage das jährlich stattfindende internationale Partnermeeting stattfand. Zusammen mit Christina Blecher von Greenlamp (hier gemeinsam mit Sr. Marit, der Vice dean des Hamlin Colleges und mir auf dem Bild im Garten des Spitals) habe ich an den Meetings und Essen teilnehmen dürfen, was für mich eine sehr eindrückliche und tolle Erfahrung war. Welch ein wunderbarer Support Hamlin Fistula Ethiopia weltweit geniesst! All diese Partner von den verschiedensten Teilen der Welt sind sehr engagiert und motiviert mitzuhelfen, damit diese wunderbare Organisation auch weiterhin im Sinne des Begründerpaares Catherine und Reginald Hamlin geführt und erweitert wird, um auch in Zukunft alles daran zu setzen, geburtsbedingten Fisteln vorzubeugen und davon betroffene Frauen zu behandeln sowie in ihrem Weg zurück ins soziale Leben zu unterstützen. Die 93jährige Dr. Catherine Hamlin hat jeweils am gemeinsamen Mittagessen im Spitalgarten teilgenommen. Auch meine beiden Wohnpartner, Dr. Gabriel von Accra, Ghana und Dr. Homa von Kabul, Afghanistan, im Bild unten beim Schweizer Schöggeli Geniessen zu sehen, haben an einigen Meetings teilgenommen. Ein weiteres Bild zeigt die drei wichtigen Frauen Fikirte Zewdie, die Executive Assistant von Hamlin Fistula Ethiopia, die alles fürs PIM Meeting organisiert hat und auch sonst alles organisatorische jederzeit auf die Reihe kriegt, Julie Rosenberg, Executive Director der Internationalen Fistula Alliance, welche die meisten Meetings wunderbar geleitet hat und Dr. Renate Röntgen, die ganz tolle und wichtige Arbeit als Chirurgin in der Behandlung der urogenitalen Fisteln und der damit verbundenen Folgeverletzungen in Freiweilligenarbeit leistet. Was für ein wunderbares und unheimlich starkes Frauenteam!

Abendessen mit Klein- und Gross Tsion. Die kleine Tsion ist die Tochter von David, meinem favorite Hamlin driver, hier neben ihrer Mutter Somay. Klein Tsion hat mich fast täglich besucht, als ich im Desta Mender Häuschen gewohnt habe, mich auf meinem üblichen Abendspaziergang an den Weiher begleitet und mit mir zusammen Salat zum Znacht vorbereitet. Die täglichen kleinen Schweizer Schöggeli hat sie immer strahlend entgegengenommen. Die grosse Tsion ist in meiner Walga Woche für drei Tage ebenfalls im Health Center zu Besuch gewesen. Sie hat ein paar Jahre dort in der Apotheke gearbeitet, ist danach jedoch aus familiären Gründen in die Region von Addis zu ihrer Mutter zurück-gekehrt. Nachdem sie mit David und mir letzte Woche zurück in die Hauptstadt gefahren ist, habe ich mich sehr gefreut, sie zum gemeinsamen Essen mit David und Familie mit einzuladen. Alle zusammen haben wir einen fröhlichen Abend verbracht.

Mein Engel unter den Köchinnen! Als ich in Desta Mender gewohnt habe, hat sie mir täglich vor Feierabend ein Tupperware mit einem Brötchen ins Büro gebracht, damit ich morgens auch etwas zu essen hätte. Auch ohne eine gemeinsame Sprache zu sprechen, verstehen wir uns immer und sie setzt stets alles daran, dass ich kulinarisch gut aufgehoben bin. Ich solle sie nicht vergessen, bittet sie mich... Nein, wie könnte ich auch! Hat doch ihre Fürsorge so sehr dazu beigetragen, mich hier Zuhause zu fühlen!

 

Während Zelalem, der Leiter des Colleges und ich in seinem Büro an der Definierung einer möglichen weiteren Zusam- menarbeit zwischen der Zürcher Fachhochschule und dem Hamlin College of Midwives herumstudiert und -formuliert haben, ist draussen im Freien ein Farewell Lunch für meinen baldigen Abschied vorbereitet worden. Eine riesige Über- raschung! Ich bin so gerührt von dieser Herzlichkeit, die mir immer wieder entgegengebracht wird. Da die Studentinnen in der Praxis ebenfalls von den Lehrerinnen, resp. Skills-instruktorinnen des Colleges begleitet werden, ist ab nächster Woche ein Teil des Lehrerinnenteams nicht mehr am College. Deshalb ist dieser Abschiedsanlass zwei Wochen im Voraus organisiert worden. Nächsten Mittwoch wird zwecks eines Austausches zum Thema Unterrichts-methoden an der ZHAW und am HCM nochmals eine Teamsitzung einberufen, die ich meinerseits für eine kleine Abschiedsüberraschung nutzen werde.

Nun zeigen die Erstjahresstudentinnen am Skills exam, wie sie eine Geburt zu leiten wissen. Auch sie dürfen sich zuerst während 15 Minuten das Material aussuchen und auf ihren Trolley laden, bevor sie vor den Augen der Expertin (eine der Lehrerinnen/Instruktorinnen) zeigen, was sie gelernt und ausgiebig geübt haben. Da es im ganzen Land einen Lieferengpass an sterilen Handschuhen gibt, werden halt unsterile in den Bereich des sterilen Materials gelegt. Zur Darstellung der Geburt bemühen sich die Expertinnen, die Puppen regelgerichtig durch die Beckenmodelle zu schie- ben, was gar nicht immer so einfach ist, denn die Kunststoff- modelle sind teilweise recht hart und "gstabig".
Nächste Woche stehen für die Erstjahresstudentinnen die theoretischen Prüfungen an, während ihre Kolleginnen vom zweiten und dritten Studienjahr bereits im Praktikum sind.

Heute ist Skills examination für die Drittjahresstudentinnen angesagt. In ihren roten Praxisuniformen sitzen sie vor den Schulräumen und warten auf ihre Prüfung. Jeweils vier Studentinnen dürfen zusammen in den Raum und haben erstmal 15 Minuten Zeit, ihr benötigtes Material zusammenzustellen und auf ihre Trolleys zu packen. Danach haben sie 30 Minuten Zeit um die beiden Abläufe "Assisting breech delivery" und "performing a vacuum delivery" zu demonstrieren. In jeder Ecke des Klassenzimmers wird eine Studentin von je einem Experten oder einer Expertin geprüft. Die Studentinnen sind konzentriert und allesamt erfolgreich. Auf dem Bild hier hebt die Studentin das Kind grad per "Veit Smellie" Handgriff aus Steisslage aus dem Bauch der Mutter. Ein vorangehender Handgriff zur Armlösung bei Steisslage wird auf einem der unteren Bildern gezeigt. Zudem sind die Studentinnen dort beim Leiten der Vacuum (Saugglocken-) Geburt zu sehen. Das wird ja hier in den Health Centers durch die Hebammen ausgeführt. Und ja, auch bei der Prüfung werden hier am College Gummistiefel, Gummischürzen, sterile Mäntel, Hauben, Mundschütze und Schutzbrillen getragen... Morgen sind die Erstjahresstudentinnen mit der Skillsprüfung dran. Sie werden anhand des Ablaufs "Assisting normal delivery" geprüft. Ich bin gespannt darauf. Die vergangenen Tage waren sie jedenfalls fleissig am Üben...

Passend zum Tag der Beendigung von geburtsbedingten Fisteln verbringe ich später einige Stunden im Main Ward des Fistula Hospitals, wo ich mit einer Pflegenden die Patientinnen versorge. Eine Frau ist zu überwachen, da sie eine Bluttransfusion bekommt, eine macht mich mit Zeichen auf ihre Schmerzen aufmerksam, eine weitere hat ihr kleines Kind bei sich im Bett. Wie schön, die beiden hier zur Zeit anwesenden kleinen Kinder zu sehen, im Wissen, wie oft Geburten, die zu Fisteln führen ohne lebende Kinder beendet werden. Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass dies für manche Patientinnen vielleicht schmerzlich an den Verlust ihrer eigenen Kinder erinnern wird. Trotzdem, die behandelten Frauen sind zumeist guter Dinge, wohl wissend, dass sie bereits durch die Möglichkeit der Behandlung ihrer Fisteln im Vergleich zu vielen anderen betroffenen Frauen Äthiopiens sehr viel Glück haben. Das Winken und Kusshände schicken der Patientinnen, wenn ich danach am Main Ward vorbei gehe berührt mich zutiefst. Fotos der Patientinnen habe ich vorerst keine gemacht, irgendwie erschien es mir unangebracht, auch wenn die Pflegenden und Ärzte mir versicheren, dass es kein Problem wäre. Vielleicht ein andermal. Die Staff posiert jedoch immer gerne ;-)

Der heutige 23. Mai ist der internationale Tag zur Beendigung geburtsbedingter Fisteln. Deshalb findet hier im Hamlin Fistula Hospital eine Konferenz und Zeremonie statt. Das Ministry of Health und andere an der Prävention und Behandlung geburtsbedingter Fisteln oder der Rehabilitation und Reintegration betroffener Frauen beteiligte Organisationen nehmen an diesem Anlass teil und gestalten ihn mit. Es werden viele Ansprachen gehalten, während derer über den Stand der Entwicklungen informiert wird. Abschliessend erzählt eine ehemalige Fistelpatientin, die heute am Hamlin College of Midwives die Bibliothek führt, den anwesenden Gästen ihre Geschichte. Selbst für mich, die ich ihre Worte nicht habe verstehen können, waren ihre Ausführungen berührend. Wie viele Frauen erleiden hier und in anderen Teilen der Welt ein ähnliches Schicksal!

Die Woche beginnt mit einem Einblickstag im Hamlin Fistula Hospital. Dr. Renate Röntgen aus Bielefeld, die hier während acht von zwölf Monaten im Jahr frei- willig mitarbeitet, operiert grad eine Fistelpatientin, die eine künstliche Harnab- leitung bekommt. Da werden die Harnleiter mittels eines Stückes Dünndarm in die Bauchwand geleitet, wo die Ausscheidung in einem Auffangsack gesammelt werden kann. Es ist nicht die Lösung erster Wahl, aber wenn die Blase zu vernarbt und klein geworden ist, eine deutlich bessere Lösung als Inkontinenz. Unterdessen verschliesst Dr. Fekade, der ärztliche Leiter des Spitals die urogenitale Fistel einer anderen Patientin. Ich darf beiden Operierenden über die Schultern schauen. Was für eine tolle Arbeit!

Am Sonntag bin ich mit meinen beiden temporären Wohnpartnern, Dr. Homa, der Ärztin aus Kabul, Afghanistan und Dr. Gabriel, dem Arzt aus Accra, Ghana noch auf einen Kaffee ins nahe Golf Club Hotel spaziert, wo wir in eine grosse Hochzeitszeremonie geraten sind. Was für eine andere Welt, verglichen mit dem einfachen Leben im ländlichen Äthiopien! Aber auch eine Facette dieses Landes. Jedes Wochenende fahren zur Zeit zig Caravanen von hupenden Autos verschiedener Hochzeitsgesellschaften durch die Strassen von Addis. Der Mai ist auch der Hochzeitsmonat Äthiopiens. Gefeiert wird tagsüber, um ca. 16 oder 17 Uhr nachmittags gehen meist alle nach Hause. Hier im Park des Hotels sind etliche Zelte aufgestellt worden, eine Band hat gespielt und ein Catering hat fürs Essen gesorgt. Es war spannend, dem Treiben eine Weile zuzusehen. Alles Gute!

Auf dem Rückweg nach Addis bemerken wir kurz vor Wolkite einen Platten an unserem Auto. Kaum am Strassenrand angehalten, steht auch schon eine Gruppe junger Männer um uns herum, die uns mit Rat und Zusehen zur Seite stehen will. Wir sind sehr froh, dass David, mein "favourite Hamlin Driver" nicht mehr weit von uns entfernt ist. Nach 10 Minuten steht er an unserer Seite, um routiniert und ganz selbstverständlich den Radwechsel vorzunehmen, unter den kritischen, aber auch verstohlen bewundernden Blicken der jungen Männer um uns herum...

Die Woche Walga Health center ist vorüber. Schade, ich wäre gerne etwas länger geblieben. Herzlichen Dank liebe Tineke, Tabea und Annarös! Auch an Dagmar in der Schweiz geht ein herzliches Dankeschön für die Vermittlung dieser wunderbaren Möglichkeit an Hebammenerfahrung!

Am Haupteingang des Walga Health centers sitzt ein guard. Da bekommen die Klientinnen und Klienten eine Nummernkarte, mit der Sie anschliessend zum Kartenhaus gehen, wo sie ihre/eine Karte, also ein persönliches Dossier in Form einer einfachen Faltmappe bekommen. Aussen liegt die Hauptstrasse des Dorfes am Fluss, drinnen der ganze Walga compound, in dem sich ab und an auch mal ein paar ziemlich grosse Affen rumtreiben. Das Gelände ist recht gross und beinhaltet neben den Klinikgebäuden drei kleine Wohnhäuser, Werkstatt- und Unterhaltsgebäude, eine Mensa, eine Scheune und ein paar Tukuls. Das Ganze liegt in einem wunderbaren Park mit Gartenanteilen, Bäumen und Wiesen. Für die Kinder der Angestellten ist gar eine Tagesstätte vorhanden. Eines der Kinder, ein vielleicht drei jähriges Mädchen, Jeruzalem, ist oft um Annerös herum und überrascht mich mit eindrücklichem Berndeutsch!

Auch Inputs von meiner Seite werden hier gewünscht. Mehr oder weniger erfahrene Hebammen zu unterrichten, respektive mit ihnen in einen Austausch zu kommen, ist wieder eine andere Aufgabe als das Unterrichten von Erstjahresstudentinnen am Hamlin College. Es ist ein Austauschen von Erfahrungen aus dem Alltag der Hebammen in einem äthiopischen Healthcenter und meinem Wissen als Hebamme und Dozentin in einem von Wohlstand und medizinischer "Überversorgung" geprägten Land wie der Schweiz. Beide Seiten können lehren und lernen. Der Wissensstand der Hebammen variiert stark und auch die englische Sprache ist für die einen von ihnen schwierig, trotzdem sind sie mit Interesse dabei und finden, 5 Tage seien nun also wirklich zu kurz für meinen Besuch bei ihnen... Das freut mich natürlich :-)

Wenn die Frauen zur Antenatal Care kommen (vier Schwangerschaftskontrollen sind vorgesehen, ein Ultraschallgerät ist nicht vorhanden) und im Hof vor den Behandlungsräumen warten, werden sie manchmal von einer der Hebammen zu Gesundheitsthemen unterrichtet. Dies stösst auf reges Interesse, da die Themen mit einfach zu verstehenden Bildern vermittelt werden. Ausserdem geht so die Wartezeit schneller vorüber. Es läuft viel in diesem Health Center. Da die nächst gelegenen staatlich geführten Gesundheitszentren als qualitativ schlecht geführt bekannt sind, suchen auch Menschen das Walga Health Center auf, für welche es eigentlich nicht zuständig wäre. Abgewiesen werden die Leute deshalb jedoch nicht. So nehmen die Klientinnen und Patienten halt auch mal etwas längere Wartezeiten in Kauf.

Im Raum der so genannten Waiting area schlafen die schwangeren Frauen, die bereits ins Health Center gekommen sind, um bei Geburtsbeginn am richtigen Ort zu sein. Viele von ihnen hätten sonst einen weiten und beschwerlichen Weg vor sich, wenn die Wehen beginnen oder das Fruchtwasser abgeht. Vor dem Zimmer gibt es eine Kochstelle und Platz zum Verweilen, was von ihnen und ihren Angehörigen rege genutzt wird. Viele der Frauen haben eines oder mehrere Kinder verloren, sei es unter der Geburt oder in den ersten Wochen, Monaten oder Jahren danach, aufgrund von Geburtsproblemen (vor allem auch bei unbegleiteten Hausgeburten), Malaria, Durchfall-erkrankungen oder auch Unfällen. Die meisten Frauen haben viele Kinder. Nach der Geburt bleiben sie in der Regel zwischen 6 Stunden und einem Tag im postnatal care room, bevor sie das Health Center wieder verlassen. Eine weiter-führende Wochenbettbetreuung gibt es nicht. Den Müttern wird vor Austritt erklärt, auf welche Warnzeichen sie achten müssen und wann sie im Health Center Rat oder Behandlung suchen sollen. Das Walga HC bietet neben Geburtshilfe auch anderweitige medizinische Versorgung an.

In einem der Tukuls wird die Mutter mit ihren Zwillingen untergebracht. Auch der stolze Vater und einer der grossen Brüder sind mit dabei. Im Innern des Tukuls führt eine breite "Mauer" rundherum, auf welcher verschiedene Betten eingerichtet werden können. Auch hier gibt es zwar Matratzen und mit Plastik überzogene Kissen, aber keine Leintücher oder ähnliches. Dies wäre auch nicht sinnvoll in Anbetracht der Flüssigkeiten, welche stetig auf die Unterlagen gelangen. So kann regelmässig geputzt und für bestmögliche Hygiene gesorgt werden. Diese Familie hat gewusst, dass Zwillinge unterwegs sind und auch genügend Decken für Mutter und Kinder mitgebracht. Die Freude über die gesunden Zwillinge ist wunderbar mitzuerleben!

Der vierte Tag in der Walga beginnt mit einer Zwillings-geburt! Das Mädchen kommt mit dem Popo voran als erstes zur Welt (was ich leider verpasse, da ich nicht zu erreichen bin). Bei der Geburt des Jungen aus Kopflage bin ich dann dabei. Für einen kurzen Moment haben wir den Eindruck, dass da noch ein weiteres Geschwister kommen wird, aber das vermeintlich tastbare "Füsschen" muss wohl ein kleines Myom sein. Die Mutter ist froh darüber! Auch bei dieser, meiner fünften miterlebten Geburt in der Walga, bin ich beeindruckt und berührt von den Bedingungen, unter welchen hier in Äthiopien Kinder geboren werden. In diesem Health Center hat jede werdende Mutter eine Begleitperson dabei, was sonst längst nicht üblich ist. Die graue Liege neben uns ist das Gebärbett, welches zur Geburt mit einer Gummimatte abgedeckt wird. Leintücher oder ähnliches gibt es nicht. Der Damm wird mit einem Stück alter Zeitung abgedeckt, auch unter das Gesäss der Mutter wird ein Stück Zeitung gelegt. Es gibt jedoch sterile Handschuhe und ein steriles Geburtenset mit den nötigen Instrumenten. Die Herztöne des Baby's können unter der Geburt mit einem elektronischen Doppler, wie wir ihn in der Schweiz auch bei Hausgeburten benutzen, abgehört werden. Auch das längst keine Selbstverständlichkeit! Das Kind wird nach der Geburt mit einem Windeltüchlein abgetrocknet, danach mit dem trockenen grünen Tuch des Geburtensets zugedeckt. Mehr Tücher sind nicht vorhanden, auch Slips oder Binden für die Wöchnerinnen gibt es nicht. Eine der sechs Frauen, deren Geburten ich miterlebt habe, hat einen Slip und ein paar Stofffetzen dabei gehabt, die sie als Binden nutzen kann. Hier in der Walga können die Frauen nach der Geburt abgeduscht werden. Dies ist ein grosser Luxus, auch wenn es keine Abtrocknungstücher gibt. Die frisch gebackenen Mütter ziehen sich ein neues Kleid über und legen sich mit ihrem Neugeborenen im postnatal room auf eine der Matratzen. Die Kinder werden mit Antibiotika Augensalbe versehen (zum Schutz vor bakteriellen Infektionen) und bekommen das Vitamin K, welches bei uns in den Mund verabreicht wird, als intramuskuläre Spritze in den Oberschenkel. Jedes Baby bekommt von der Mission am Nil, die das Walga Health Center führt, eine gestrickte Garnitur Babykleider, inklusive Käppchen und Söckchen. Und was das Schönste ist, die Frauen (und Kinder) werden von den Hebammen ermutigt und liebevoll behandelt, was leider an anderen Orten nicht immer der Fall ist. Zwei der sechs Geburten waren Vacuumgeburten, welche von Tineke, der holländischen Hebamme, die auf dem Foto neben mir steht, durchgeführt wurden. Nach mehreren vergeblichen Versuchen mit einem aufsterilisierten Kiwivacuum ist das Metallvacuum mit Handpumpvorrichtung zweimal erfolgreich zum Einsatz gekommen. Mit wie wenig Material geboren werden kann, das hat mich wirklich tief beeindruckt! Wenn ich da an unseren materiellen Überfluss denke! Stromausfall ist hier quasi die Regel, nicht die Ausnahme. Händedesinfektionsmittel gibt es nicht. Es wird auf gutes Händewaschen und das Tragen von Handschuhen Wert gelegt. Gummischürzen und Handschuhe werden zur Geburt von den Hebammen getragen, Gummistiefel und Mundschütze habe ich jedoch im Gebärzimmer keine gesehen ;-)

In der Walga werde ich sehr herzlich empfangen und darf mir nach einem stärkenden Zvieri die Fundamente der geplanten neuen Gebäude ansehen, aus denen ein kleines Zentrum für ungeplant/ungewollt schwangere Frauen entstehen soll. Hier sollen die werdenden Mütter Zuflucht finden und die Möglichkeit haben, etwas zu erlernen, womit sie sich nach der Geburt ihres Kindes einen Lebensunterhalt verdienen können. Ein tolles neues Projekt der Walga! Und ein unermüdlicher Einsatz vieler lokaler Mitarbeitenden und vor allem auch des ganzen leitenden Walga teams: Annarös (ganz links), welche die Walga lange Jahre aufgebaut und zu dem gemacht hat, was sie heute ist, Tabea (neben mir), die schon einige Jahre als leitende Kraft mit dabei ist und Tineke, mit bereits vorhandener Äthiopienerfahrung aus einem anderen Projekt genau die richtige Ergänzung. Ein eingespieltes, gut funktionierendes Team!

Rural Ethiopia... Nachdem das Verkehrsgewusel von Addis hinter uns liegt, sind mehr und mehr die traditionellen runden Tukuls neben den Feldern zu sehen. Wir kommen in tiefer liegende Gebiete und es wird deutlich wärmer. In Woliso, südwestlich von Addis, treffen wir Tabea, eine Schweizer Pflegefachfrau, die seit ein paar Jahren fest im Walga Health Centre tätig ist und mich von hier aus dorthin mitnimmt. Auf dem Weg machen wir noch einen Abstecher ins Attat Spital, wohin die Frauen aus dem Walga Health Center bei Bedarf und Möglichkeit verlegt werden, wenn es geburtshilfliche Probleme gibt, die nach erweiterter medizinischer Versorgung verlangen. Weiter gehts nach Wolkite, immer in Richtung Jimma. Unterwegs fahren wir wieder mal an einem Dorfmarkt vorbei, kurz bevor die Schotterstrasse abzweigt, die uns nach einer weiteren halben Stunde Fahrt zu einem Dorf am Fluss bringt, an dem auch das Walga Health Center liegt. Welch schöne Gegend! Neben der Idylle zeigt sich aber auch die Armut. Die Felder werden von Hand und mit Tierhilfe bestellt, auch die Fortbewegungsmittel sind oft tierischer Art.

Eine nächtliche Überraschung vor meiner Abreise zum Walga Health Center... nach zwei Stunden heftigem und ergiebigem Gewitterregen über Addis traue ich kurz nach Mitternacht meinen Augen nicht, als ich noch schnell ins Badezimmer unterwegs bin. Oh! Eine braune Brühe, die sich rassig vom Eingang her in alle Richtungen des guesthouses ausbreitet, während es draussen unaufhörlich weiter schüttet, kommt mir entgegen! Ich versuche zuerst kurz alleine, den Wohnzimmerteppich unter den Möbeln hervorzuziehen. Da sich dies jedoch als ziemlich schwierig erweist und unterdessen immer mehr Wasser in die Wohnung fliesst, entscheide ich mich, Dr. Gabriel, der gerade am Vorabend aus Ghana angekommen ist, zu wecken. Nach langem Türklopfen kommt er verschlafen raus, sieht den ungewöhnlichen Anblick und meint "oh very special welcome here in Ethiopia!" Kann man wohl sagen! Zu zweit gelingt es uns rasch, den Teppich unter den Möbeln hervorzuziehen und ihn am Eingang als Schutzwall in Stellung zu bringen. Als ich danach etwas ratlos frage "what shall we do now?" meint mein Wohnkollege ziemlich unaufgeregt "we go back to bed", was wohl auch das einzig richtige ist. Vorsichtshalber stelle ich all meine Sachen in die Höhe, denn ein bisschen Wasser hat sich auch bereits unter meiner Zimmertür einen Weg bereitet, aber dabei bleibt es zum Glück dann auch. Das Einschlafen ist mir auch schon leichter gefallen...

Der letzte gemeinsame Unterrichtstag ist angebrochen! Repetition und Prüfungsvorbereitung sind angesagt. Das Englisch einiger Studentinnen ist noch sehr ausbaufähig, so dass ich nicht wirklich sicher bin, ob sie die wichtigsten Inhalte auch verstanden haben. Zumindest was wir praktisch üben konnten, sollte hoffentlich hängengeblieben sein. Was mich besonders gefreut hat: eine Studentin hat zum Schluss das Wort ergriffen und sich im Namen der Klasse bei mir bedankt. Sie hätten meinen Unterricht sehr geschätzt, vor allem den Übungsteil mit den verschiedenen Geburtspositionen und die anschaulichen Darstellungen von "wehenden" Frauen und unterschiedlichem Verhalten seitens der Hebammen. Im Laufe der vier Wochen haben wir uns kennengelernt. Ich habe herausgefunden, was die jungen Äthiopierinnen zum Lernen brauchen und sie haben bemerkt, dass die Schweizerin einfach zufriedener ist, wenn nicht die halbe Klasse erst eine Viertel- oder halbe Stunde später im Klassenraum erscheint (was ihnen ihre Schweizer Kolleginnen wohl bestätigen würden ;-) Langsam haben wir unsere gegenseitige Ausdrucksweise auch etwas besser verstanden, was wirklich hilfreich war. Nun hoffe ich, dass auch die "final exam" Prüfung gut ausfallen wird. Die Korrektur meines Prüfungsteils wird eine der letzten Aufgaben am Hamlin College sein, bevor mein Einsatz hier zu Ende gehen wird. Erstmal erwartet mich nun eine Woche praktische Hebammenerfahrung in einem Health Center in "rural Ethiopia". Darauf freue ich mich nun sehr!

Damit die Studentinnen das Gebären in aufrechten Geburtspositionen auch wirklich umzusetzen wissen, probieren wir das Ganze mal auf der Wiese vor den Schulräumen aus. Die jungen Frauen sind interessiert und motiviert dabei, amüsieren sich natürlich auch sehr, während sie sich im Gebären und Geburten begleiten üben. So wird ihnen klar, weshalb in aufrechten Positionen unter anderem die Beckenräume mehr Platz bieten, die Atmung besser und die Kraft der Gebärenden grösser ist. So hoffe ich, dass dies eine gute Grundlage bietet, um in der praktischen Geburtshilfe in den Health Centers Äthiopiens, wo praktisch alle Frauen auf dem Rücken liegend und in Beinstützen festgebunden gebären, eine Veränderung herbeizuführen. Wir haben schon mal diverse Positionen geübt, wie ihr auf den Bildern sehen könnt. Diese junge Generation von angehenden Hebammen scheint für die Umsetzung in der Praxis schon mal sehr motiviert zu sein!

Bereits steht Nähen auf dem Programm. Die Studentinnen sind flink und üben sich konzentriert an den Schaumstoffmodellen. Sehr rasch eignen sie sich erste Fertigkeiten im Umgang mit Faden, Nadel, Nadelhalter und Schere an, unter den wachsamen Augen der Skillstrainerinnen Sr. Serawit und Sr. Tebebe. Ich bin einmal mehr sehr froh um diese praktische Unterstützung im Unterricht, sind doch die Umstände und Aufgaben der Hebammen hier ziemlich anders als bei uns.

Was für ein schöner Sonntagsausflug! Trotz Donnerrollen und schwarzen Wolken zu Beginn der Wanderung war uns das Wetter wohlgesinnt. Zusammen mit Renate, die mich hier mit ihrer Äthiopienerfahrung beratend unterstützt, ihrem Partner Johannes, Fikirte, der executive assistant des Hamlin Fistula Hospitals und Julie aus Sydney, Sarah aus Chicago und Martin aus Dublin, die sich alle von fern sehr für Hamlin Fistula Ethiopia einsetzen und für wenige Tage auf Arbeitsbesuch waren, habe ich eine sehr schöne Wanderung im Entotogebiet genossen. Die Aussicht auf Addis war fantastisch, die Umgebung mit den Eukalyptusbäumen, den Feldern und Wiesen, wo fast wie in der Schweiz Kühe weideten, aber auch Schafe, Esel und Ziegen uns begegneten war wunderbar erholsam und das alles durfte ich in fröhlicher und interessanter Gesellschaft erleben! Vielen Dank!

Sonntagsspaziergang zweiter Teil: mit meinem soeben erworbenen Sack Kartoffeln mach' ich mich auf den Heimweg, die Strasse wieder in Richtung Brücke hinunter. Im Vorbeigehen lächle ich der jungen Frau zu, die ihre kleine Friteuse am Strassenrand vor ihrem Haus nun in Betrieb genommen und grad einem Jungen ein paar Pommes verkauft hat, sie lächelt zurück. Moment! Die kann doch meine Kartoffeln sicher gut gebrauchen! Und wie! Sie ist ganz gerührt, bietet mir ein paar leckere Pommes an, lässt sich gerne fotografieren und ruft mir zum Abschied "I love you" hinterher. Wie einfach es doch manchmal ist, andere und sich selbst glücklich zu machen!
Weitere Fotos der Marktfrauen und meines Sonntagsspaziergangs findet ihr in der Fotogalerie.

Sonntagsspaziergang erster Teil: Nach einem stürmischen Gewitter zieht es mich heute wieder mal raus, damit ich mich etwas bewegen kann. Vom guesthouse aus spaziere ich an der orthodoxen Lautsprecherkirche und manchen sehr einfachen Behausungen vorbei, hinunter zur Brücke über den Fluss und drüben wieder den Hang hinauf, an Wohnquartieren und allerlei kleinen Bretterbudenläden entlang, einfach der Nase nach. Betroffen macht mich einmal mehr der Anblick der Unmengen von Plastik und anderem Abfall, der einfach überall liegt, am Strassenrand, zwischen den Behausungen, im Fluss... Die Tiere und manchmal auch die Menschen suchen sich unter all dem Plastik Essbares zusammen und die Rinnsale vom kürzlichen Regen haben ganz eigenartige Farbtöne, so dass ich die Tiere, die daraus trinken am liebsten verscheuchen würde. Wie üblich wird mir von verschiedener Seite "Ferenji" zugerufen, mal "Ferenji money", mal "Ferenji how are you" und mal "Ferenji welcome in Ethiopia"! Ferenji heisst "weisser Mensch" und ist aus dem Wort Foreigner entstanden. Nicht nur die Kinder rufen uns "Ferenji" zu, auch Erwachsene und vor allem Jugendliche nutzen die Anrede oft, um "ins Gespräch" zu kommen und die paar Worte Englisch, die sie kennen endlich mal wieder mit Stolz anzuwenden. Ich muss oft lachen über die Zurufe. Auch an den heute wenig besuchten Marktständen werde ich so begrüsst und gebe meinerseits meine paar ersten Worte Amharisch zum Besten, was die Leute genauso zum Lächeln und Lachen bringt. Auf meine Frage, ob ich ein Foto machen darf folgt reges Interesse, worauf ich an diverse weitere Marktstände weitergereicht werde, wo ich auch ein Foto machen soll. Wenn ich ihnen die Fotos dann zeige, dann haben sie die grösste Gaudi und finden es wunderbar, sich selbst oder ihre Nachbarin auf einem Foto des Mobile phones zu sehen. Die Gegenfrage, ob ich etwas kaufen wolle, kann ich nicht negativ beantworten und lasse mir ein Kilo Kartoffeln verkaufen. Lächelnd ziehe ich weiter, hinter mir die winkenden Frauen, Jugendlichen und Kinder, die mir zurufen "come again", "see you again"... ja gerne!

Au revoir Fidele! In unserer zusammengewürfelten Wohngemeinschaft auf Zeit möchte Dr. Fidele, der Arzt aus Madagaskar, der sich hier während ein paar Wochen im Operieren und Behandeln von geburtsbedingten Fisteln weitergebildet hat, seinen letzten Abend verbringen und in einem Restaurant Abschied feiern. Er und ich haben die letzten drei Wochen zusammen im oberen Stock des guesthouses gewohnt. Dr. Renate, die Urologin aus Bielefeld, die während acht von zwölf Monaten im Jahr hier am Hamlin Fistula Hospital in Volonteerarbeit Fistelpatientinnen operiert und ihr Partner Johannes, der ebenfalls in Freiwilligenarbeit als Musiklehrer an einer Primarschule hier in Addis wirkt, bewohnen einen Teil des unteren Stockwerkes des an den Hang gebauten guesthouses. Mit Fidele französisch zu reden hat mich ganz schön gefordert, wo ich doch grad so sehr mit Englisch beschäftigt bin. Ein anderer Arzt, der im unteren Teil des guesthouses wohnt, ist zwar Äthiopier, hat aber einen beträchtlichen Teil seines Lebens in Kuba verbracht. Er, Dr. Sentayo spricht gerne spanisch mit mir, doch auch das fällt mir hier gar nicht so leicht. Wie schön wäre es, einfach die entsprechende Sprachschublade öffnen zu können... nun gut, es muss ja nicht perfekt sein und darf durchaus auch zu Gelächter führen :-) Ich geniesse es sehr, hier im guesthouse überhaupt wieder wirkliche Gespräche führen und mich in meiner Freizeit über all das Erlebte austauschen zu können. So schön "mein" Häuschen in Desta Mender auch war, der Wunsch nach Austauschmöglichkeiten hat mich zurück nach Addis gebracht.

Happy International Day of the midwives! Hier am Hamlin College wird der Tag leider nicht durch irgendwelche Aktionen begangen. Es ist ausserdem ein Nationalfeiertag, der offiziell ein arbeitsfreier Tag ist. Unsere Studierenden haben jedoch sowohl heute als auch morgen Samstag Unterricht, um all die Lektionen nachzuholen, die aufgrund der unvorhergesehenen Ereignisse und den damit in Zusammenhang stehenden Gesprächen und Konferenzen  der letzten Wochen ausgefallen sind. Ich selbst werde dann nächste Woche nochmals intensiv mit den Erstjahresstudentinnen arbeiten. Am kommenden Freitag wird mein Unterricht zu Normaler Geburt zu Ende gehen. Danach folgt noch eine weitere Prüfung und deren Korrektur, sowie Arbeiten im Zusammenhang mit einem Austausch unter den Unterrichtenden und einige Interviews mit Studierenden, die ich im Auftrag von Greenlamp ausführen werde. Ich hoffe weiterhin, dass auch noch ein Besuch im Walga Health Center möglich sein wird, wo ich ein paar Tage lang hospitieren und einen Einblick in die Geburtshilfe im "rural Ethiopia" gewinnen könnte. Unter anderem hängt dies jedoch auch von einer weiteren Verlängerung meines Visums ab, die Mitte nächster Woche mit diversen Bittschreiben und vom CEO des Hamlin Fistual Ethiopia höchstpersönlich beantragt wird. Mal sehen, wie lange ich also noch in Äthiopien bleiben darf...

Mit kleinen Püppchen aus der Schweiz lässt sich der Geburtsmechanismus prima üben! Nachdem das Aufmalen der Fontanellen und Pfeilnaht geschafft war, liessen sich alle dazu begeistern, den Geburtsmechanismus mit den kleinen "Schweizer Babys" zu üben. Dass es Spass gemacht hat, lässt sich auf weiteren Bildern sehen, die in der Fotogalerie zu finden sind.

Am anschliessenden Nachmittag ging es dann darum, die Leitung einer Geburt praktisch zu üben. Nachdem ich den Ablauf einer normalen Geburtsleitung vormittags in der Theorie mit den Studentinnen besprochen hatte, übernahmen erneut zwei Lehrerinnen des Hamlin Colleges die dazugehörige Skills-Demonstration. Zum Glück, wie ich erneut feststellen musste... Die eine Lehrerin meinte nach der Demonstration, das sei ja sicher fast gleich, wie wir in der Schweiz Geburten leiten würden... Nun, nicht wirklich...

Der Ablauf der Handlung "Assisting normal birth" beginnt damit, dass die Hebamme Gummistiefel (!!) anzieht, eine wasserdichte Schürze, einen sterilen OP-Mantel, eine Haube, einen Mundschutz, eine Schutzbrille (die grad nicht auffindbar war) und zwei paar sterile Handschuhe übereinander...  Nein, das machen wir in der Schweiz ja nun doch nicht ganz so... Der Selbstschutz der Hebammen und GeburtshelferInnen vor Ansteckung mit irgendwelchen Infektionen hat hier einen grossen Stellenwert. Ob diese massiven Schutzmassnahmen in der Praxis auch tatsächlich so durchgeführt werden, weiss ich nicht. Bei der einen Geburt, die ich bisher gesehen habe, war dies nicht der Fall. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie unterschiedlich die Arbeit der Hebammen aussehen kann...

Hier noch ein Bild von Ostern am College. Im Speiseraum der Schule wurde ein feines Essen für die Studentinnen zubereitet und natürlich durfte auch die Kaffeezeremonie mit den obligaten Popcorn dazu nicht fehlen.

Heute Dienstag hatte ich meinen dritten Unterrichtsanlass mit der jüngsten Klasse. Im Gegensatz zu gestern waren die Studentinnen, zwar kichernd und Grimassen schneidend, aber nun doch eher bereit, mal selbst eine aufrechte "Gebärposition" auszuprobieren.

Als ich ihnen dann zum Ende des Anlasses kleine Plastikpüppchen aus der Schweiz verteilt habe, mit denen sie den Geburtsmechanismus üben und von denen jede von ihnen eines behalten durfte, waren sie sichtlich erfreut. Natürlich mussten sie über die Püppchen zuerst auch wieder herzhaft lachen. Wir haben zur Zeit fast täglich miteinander Unterricht, so dass sie mir gegenüber langsam auch etwas "auftauen". Im Moment kommen alle in die Unterrichtsstunden und es hat hier am College auch keine weiteren überraschenden oder unangenehmen Vorkommnisse mehr gegeben. Allerdings weiss niemand genau, wie sich das Ganze weiterentwickeln wird. Ich hoffe das Beste!

Vor meinem Häuschen kommen nun morgens ab und zu zwei Antilopen vorbei, die vor meinem Küchenfenster nach Nahrung suchen. Auch drei Äffchen spielen ab und zu in meiner Sichtweite. Und nachts sind immer die Heulrufe der nahen Hyänen zu hören. Gestern Abend ist wieder mal der Strom ausgefallen, was dann jeweils immer auch dazu führt, dass es kein Wasser mehr gibt, weil dies ja mit einer Pumpe gefördert und in die Häuser gespiesen wird. Also freue ich mich nun auf eine hoffentlich baldige Dusche.

Leider ist das Internet zusammengebrochen, als ich diesen Beitrag zu meinem ersten Unterricht am letzten Montag geschrieben habe. Da wir erst heute wieder Internet haben hier am College und ich heute 6 Stunden im Unterricht bin, nur eine Kurzversion: es laufen eigenartige Dinge hier am College, offenbar seit Jahren. Unter dem Staff (Team) gibt es Leute, die das Hamlin College zu Fall bringen wollen und alles versuchen, um Unruhe und Schwierigkeiten zu verursachen, damit die Leitung zum Aufgeben gezwungen wird... Die Studierenden werden leider ebenfalls instrumentalisiert und haben nach Ostern "gestreikt". Sie sind nicht mehr in den Unterricht gekommen und haben ein religiöses Problem unter orthodoxen Christinnen, die sich von den Protestantinnen diskriminiert fühlten als Grund angegeben. Aber die wahren Gründe seien andere, wie ich später von der Leitung informiert wurde. Jedenfalls hat auch mein Unterricht am letzten Montag mit einer Gruppe von 4 Studentinnen aus einer Klasse von 25 begonnen. Nachdem Mitte Woche das Management von Hamlin Fistula (Hospital) sowie Polizeipräsenz hier aufgekreuzt ist und einige Gespräche und Konferenzen stattgefunden haben, läuft der Betrieb zur Zeit wieder normal, aber das Problem sei nach wie vor nicht gelöst. Auch meine Anwesenheit hier könnte in Frage gestellt werden, deshalb musste ich nun plötzlich sämtliche Diplomkopien und Qualifikationen vorlegen. Es macht sehr betroffen, dies mitzubekommen und ich hoffe wirklich, dieses tolle College kann weiterbestehen und den Schwierigkeiten trotzen. Nun geh ich erstmal zurück in den Unterricht, heute mit allen 25 Studentinnen.

Zu jeder äthiopischen Kaffeezeremonie gehört das Rösten der Kaffeebohnen gleich vor den Gästen. Hier hat eine der Langzeitpatientinnen in Desta Mender am Ostersonntag den Kaffee vorbereitet. Es wurde im Gemeinschaftshaus in der Mitte des "Dorfes" gemeinsam gefeiert mit Kaffeezeremonie und allerlei Leckereien. Ich war zuerst hier bei den Patientinnen eingeladen, dann im Speiseraum des Colleges, um mit den Studierenden einen Festlunch zu geniessen.
Zusätzlich wurde ich von verschiedenen Familien von Angestellten bei ihnen zu Hause zur Kaffeezeremonie eingeladen. Ich bin also nicht mehr fertig geworden mit Kaffee trinken!
Dazwischen habe ich an meiner Unterrichtsvorbereitung weitergearbeitet, die auch zum akutellen Zeitpunkt noch nicht fertig ist, obwohl mein erster Anlass gestern stattgefunden hat.
Die Schwierigkeit ist, dass ich erst nach und nach herausfinde, wie der detaillierte Unterricht hier genau läuft und was ich im Detail bieten/übernehmen soll. Für das Team hier ist ja klar, wie der Unterricht stattfindet und was da alles dazu gehört. Es ist für die Leute hier schwierig nachzuvollziehen, dass ich nicht einfach weiss, dass hier zum Unterricht natürlich auch integriertes Skillstraining dazu gehört sowie das Erstellen und Durchführen von Tests wie sie dies immer tun. Die Vorlagen für Tests und die Skills-checklisten zu einzelnen Handlungen bekomme ich nun nach und nach, nachdem ich nach den genauen Sachen frage. Ich finde auch nach und nach heraus, wie was hier in der Praxis gemacht wird und demnach auch unterrichtet werden soll. Da ich bisher nur eine einzige Geburt in Äthiopien erlebt habe, die zudem noch von einem Arzt geleitet wurde, sind mir die üblichen Abläufe der Hebammen nicht immer klar. Das beinhaltet einen enormen Aufwand an Zeit und Energie und ich bin entsprechend täglich am weiter vorbereiten, respektive überarbeiten. Dazu kommen aktuell noch unvorhergesehene Ereignisse am College...

Da hier in Äthiopien nicht nur die Tageszeit anders angegeben wird, sondern auch die Monate und Jahre, hat dies auch auf die Berechnung des Geburtstermins Auswirkungen. Im Bild ist ein kleines Gravidarium (Schwangerschaftsberechnungsscheibe), wie wir es kennen und ein grosses Gravidarium mit den ebenfalls zwölf Monaten des ähtiopischen Kalenders zu sehen. Bis zum erneuten Jahresbeginn im September unseres Kalenderjahres befinden wir uns hier gemäss der äthiopischen Zeitrechnung im Jahr 2009. Morgens und abends jeweils um 6 Uhr beginnt die Tages-, respektive Nachtzeit. Das heisst, 6 Uhr entspricht quasi unserem 12 Uhr und wenn wir morgens um 8.30 a.m. ins Büro kommen, so ist dies 2.30 nach äthiopischer Uhr. Alles leicht verwirrend, aber nicht unlogisch ;-)

Der Leiter von Hamlin Fistula Ethiopia höchstpersönlich ist heute zum Immigration Office gefahren, um mein Visum zu verlängern. Es wurde eine 30-tägige Verlängerung bewilligt, zum Preis von ungefähr 60 US Dollars. Die Leitung von Hamlin Fistula Ethiopia ist zuversichtlich, dass danach eine weitere Verlängerung um 30 Tage möglich sein werde. Wir werden sehen. Meinem Unterrichtsbeginn am nächsten Montag steht nun zumindest mal nichts mehr im Wege.

Gestern konnte ich mit Sr. Ghedey in ein Health Center in Addis mitgehen, um einer Geburt beiwohnen zu können. Nach einigen organisatorischen Hürden hatten wir die Möglichkeit, eine Zweitgebärende zu begleiten. Sie war bereits in der zweiten Hälfte der Eröffnungsphase der Geburt, nachdem diese aufgrund eines vorzeitigen Blasensprungs bei Terminüberschreitung mit einem Wehentropf eingeleitet wurde. In diesem städtischen Health Center sind junge Ärzte im Training und im aktuellen Fall wurde die Geburt durch einen männlichen Internisten geleitet. Diese Erfahrung meiner ersten Geburt in Äthiopien war leider ziemlich schockierend, wurde doch so ziemlich alles gemacht, was nicht gemacht werden dürfte. Auf den natürlichen Rhythmus wurde absolut gar nicht acht gegeben, sondern interveniert wo immer möglich, ohne die Frau zu informieren, geschweige denn zu fragen, ob sie damit einverstanden sei. So gut ich konnte, habe ich versucht, die Frau zu begleiten, wobei meine Möglichkeiten schon rein sprachlich ziemlich beschränkt waren. Bei bald vollständiger Muttermundseröffnung wurde die Gebärende aus dem "First stage room" (enges Zimmer mit vier nur mit Plastik abgedeckten "Betten" ohne Privatsphäre) ins eigentliche Geburtszimmer gebracht, wo zwei "Querbetten" mit Beinstützen standen. Im ganzen Geburtszimmer gab es keinen funktionierenden Wasserhahnen und das Kind wurde nach der Geburt sofort auf einen Untersuchungstisch gelegt, abgetrocknet, eingewickelt, mit Antibiotika-Augensalbe  und einer Vitamin K Spritze in den Oberschenkel versorgt und dort liegen gelassen, während die Mutter eine grössere Blutung erlitt und an ihr ohne Narkose die nötigen schmerzhaften kleinen Eingriffe durchgeführt wurden. Auch Sr. Ghedey fand danach, das sei wirklich "bad practice" gewesen, ganz so seien die Geburten bei den Hebammen hier also nicht. Die Kluft zwischen der unterrichteten Best Practice und der wirklichen Praxis im äthiopischen Health Center Alltag sei jedoch schon erheblich. Trotzdem müsse ich Best Practice unterrichten, auch wenn die Hebammenarbeit hier in Äthiopien noch weit davon entfernt sei. Nun ja, es war sicher hilfreich, mal ein Bild zu bekommen, was die Studentinnen in ihren Praktika dann antreffen können. So werde ich während des Unterrichts auch darauf Bezug nehmen können, wenn ich weiss, wo das Gelehrte massiv von der aktuellen Praxis abweicht. Ich bin gespannt, was die Studentinnen für Vorstellungen, Hoffnungen und Meinungen haben.

Was für ein schöner Besuch und welch feines Essen bei der Familie von Zelalem Belete, dem Leiter des Hamlin Colleges of midwives! Mit mir zusammen war eine Urologin aus Deutschland, Dr. Renata eingeladen. Sie wohnt im Guesthouse des Hospitals und operiert Fistelpatientinnen. Sie ist schon oft monatelang da gewesen und ist in Addis recht mobil. Ich freue mich sehr darauf, ab und zu etwas mit ihr unternehmen zu können, fehlt mir doch der Austausch aufgrund der durch die Sprachprobleme eingeschränkten Möglichkeiten schon ziemlich.
So werde ich nun vielleicht ab und zu übers Wochenende ins Guesthouse ziehen, wo ich etwas unter Leuten bin, mit denen ich mich richtig austauschen kann. Andererseits geniesse ich hier im Desta Mender die Ruhe und Nähe zum College, vor allem an meinen Unterrichtstagen.

Diese Woche konnte ich in einer Skillspräsentationseinheit im ersten Studienjahr dabei sein. Die Trainerin zeigt eine abdominale Untersuchung in der Schwangerschaft. Die Studentinnen üben den Ablauf und die Handlungen danach ebenso. Die Klasse von 25 Studentinnen wird zum Üben in zwei Gruppen aufgeteilt. Trainiert wird an zwei Torsos, die jeweils in einem Bett liegen. In der Fotogalerie gibts noch ein paar Bilder mehr dazu.

Am Freitagabend bin während des Abendspaziergangs durch Areal des Colleges und Desta Mender auf Volleyball spielende Studentinnen gestossen. Zuerst hab ich zugesehen, dann wurde ich herzlich eingeladen mitzuspielen. Ich bin zwar keine geübte Volleyballspielerin, aber bei jedem gelungenen Schuss wurde ich beklatscht wie eine Heldin :-) Das hat Spass gemacht! Zwei oder drei Angestellte des Colleges waren auch dabei, es wurde viel gelacht und die körperliche Bewegung hat so gut getan!

In der Fotogalerie findet ihr auch ein Bild des heutigen Mittagessens der Dozierenden, wie üblich in unserem Lunchroom. Das Menu besteht wie immer aus der traditionellen Enjera (aus dem leicht säuerlichen Teig aus Teff und Wasser, einem Getreide, das viel Eisen und Vitamine enthält und erst noch Glutenfrei ist) mit Sauce und heute zusätzlich einem Salat, der ziemlich Chili-haltig ist! Wie mein Nahrungsmittelvorrat in meiner eigenen Küche aussieht könnt ihr ebenfalls in der Galerie sehen. Der Hand-Milchschäumer leistet mir fantastische Dienste und auch die Wasserfilter sind Gold wert! Jeden Abend besucht mich nun die 7-jährige Tochter Tsion des Hamlin-Drivers David, um bei  mir zwei kleine Schöggeli zu bekommen, meine Sachen zu bestaunen und mit mir ein paar Worte in Amharisch zu üben. Ein süsser täglicher Besuch zum Feierabend.

Heute habe ich nochmals die Drittjahresstudentinnen während ihrer Präsentationen zu regelabweichenden Geburten besucht. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig, ihr Englisch zu verstehen, aber sie wissen ihre erworbenen Kenntnisse zumeist recht gut zu präsentieren. Natürlich müssen sie auch immer wieder etwas kichern, wenn ich zu ihnen in die Klasse komme. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie meine eigenen Lektionen bei den Erstjahresstudentinnen dann ablaufen. Im Moment bin ich noch sehr mit den Vorbereitungen beschäftigt. Ich habe nicht damit gerechnet, all die Themen zu normaler Geburt in Powerpointpräsentationsform unterrichten zu müssen. So bin ich nun ziemlich busy damit, Präsentationen zu erstellen...
In der Fotogallerie findet ihr auch Bilder meines neuen Daheims in Desta Mender. Es ist ein wunderbarer Ort und meine Bleibe wurde mit sehr viel Liebe für mich hergerichtet. Mit meinen Wasserfiltern, stets gefüllten Wassereimern und einer Notlampe bin ich für die täglichen Strom- und Wasserausfälle gut gerüstet und habe mich auch bereits ziemlich daran gewöhnt. Da ich hier etwas abgelegen, aber in einem gut gesicherten und bewachten Areal wohne, bin ich gespannt, ob ich am Wochenende von hier wegkomme, wenn ich etwas einkaufen oder das Wifi auf dem Spitalareal in Addis nutzen möchte. Langweilig wird es mir auch hier nicht und mit Lebensmitteln habe ich mich auch eingedeckt, so dass es übers Wochenende reichen würde. Aber eine willkommene Abwechslung wäre ein Ausflug nach Addis allemal. Mal sehen, was das Wochenende bringt... Hier ist zur Zeit die "kleine Regenzeit", wie mir gesagt wurde. Das heisst, es regnet fast täglich eine Weile, windet oft recht stark und ist ziemlich kühl, vor allem nachts. Im April sei dann wieder Trockenzeit, bevor dann ab Mitte/Ende Mai die grosse Regenzeit beginnen wird. Dann werde es dann so richtig kalt, wie ich gewarnt wurde. Euch daheim wünsche ich ein ganz schönes Frühlingswochenende und schicke euch allen ganz herzliche Grüsse aus dem Hamlin College und dem wunderbaren Ort Desta Mender!

News aus Addis Abeba

Die Wartung und Nutzung des Solar suitcases in einem Health center der Tigray Region wird durch Kathleen Hedman von Greenlamp überprüft. Eine der Hebammen arbeitet in diesem Health center, eine andere, im Hamlin College ausgebildete und bereits sehr erfahrene Hebamme begleitet uns bei den Besuchen in den verschiedenen Health centers.
In der Fotogalerie sind mehr Bilder der Geburtszimmer und deren Ausstattung zu sehen.

Die Hebammen der Health centers führen unter anderem auch selbständig Vacuum- (Saugglocken-) Geburten durch und lösen Plazenten, die nach der Geburt des Kindes nicht kommen, unter Anwendung von Pethidin, einem stärkeren Medikament, das auch in der Schweiz als Schmerzmittel unter der Geburt eingesetzt wird, von Hand selbst. Geburtsverletzungen werden ebenfalls durch die Hebammen genäht. Und die Überwachung der kindlichen Herztöne unter der Geburt wird in all den Health centers, die über keinen Solar suitcase verfügen, mit dem hölzernen Pinard Stethoskop durchgeführt. Ein elektronischer Fetal Doppler wird mit dem Solar Suitcase zur Verfügung gestellt, was die Überwachung des Ungeborenen unter der Geburt enorm erleichtert und die Sicherheit der Geburten erhöht.

Als Greenlamp-Team haben wir zusammen mit Ato Abebayehu, der in Äthiopien mitverantwortlich ist für die Installation und Wartung der Solar Suitcases in den teilweise weit entlegenen Health centers, einige tolle Tage erlebt.

Wir sind in die nördliche Region Tigray geflogen und über manche lange Schotterstrassen zu verschiedenen Healthcenters gereist, wo wir einen Einblick in die Arbeit und die Arbeitsbedingungen der Hebammen im ländlichen Äthiopien gewinnen konnten.
Es war sehr eindrücklich zu sehen, welche Verantwortung diese Hebammen unter den gegebenen Bedingungen tragen und welch unglaublich beschwerliche und lange Wege gebärende Frauen auf sich nehmen müssen. Dieses Bild ist am ersten Sonntag, vor der Abreise nach Tigray, vor dem National Museum in Addis entstanden.

Bereits habe ich einige der Studentinnen ein bisschen kennengelernt. Mit den Erstjahrstudentinnen habe ich einen Vormittag erlebt, während dem sie in Frauengesundheit und der Anatomie des weiblichen Beckens und Beckenbodens unterrichtet wurden.
Die Drittjahresstudentinnen habe ich diese Woche kennengelernt, als sie im Problem based learning ihre neuen Erkenntnisse zu normabweichenden Geburten präsentiert haben. Es war toll zu erleben, wie sie ihr Wissen in englisch und mit Nutzung von Powerpointpräsentationen und Vorzeigen an ziemlich in die Jahre gekommenen geburtshilflichen Modellen demonstrieren.

Zusammen mit der Delegation von Greenlamp, Kathleen Hedman, Joanna Boyd und ihrem Bruder Alistair, hatte ich die wunderbare Möglichkeit, die inzwischen 93jährige, beeindruckende Frau Dr. Catherine Hamlin zu besuchen und mich bei einem gemeinsamen Tee mit ihr zu unterhalten. Was sie, zusammen mit ihrem leider verstorbenen Ehemann, mit dem sie Ende der 50er Jahre als junges Gynäkologenpaar nach Äthiopien kam, für die Frauen und Familien hier in Äthiopien erreicht hat, ist enorm eindrücklich. Kein Wunder, wird sie von den Menschen hier wie eine Heilige verehrt!

Da das Hochladen von Bildern hier etwas schwierig ist, diesmal das Wichtigste per kleinem Bericht. Zusammen mit Kathleen, Joanna und ihrem Bruder Alistair habe ich gestern einen wunderbaren Tag in Addis verbracht. Er hat mit einem Besuch im Nationalmuseum begonnen, nach einer Nacht mit wenig Schlaf (wegen Gesängen und Gebeten aus der Moschee und der orthodoxen Kirche während den meisten Nachtstunden) und fehlendem Morgenkaffee (wegen längerem Stromausfall). Auf dem Berg von Addis Abeba, Entoto, auf welchem wir eine Kirche und ein Museum angesehen haben, hatten wir eine fantastische Aussicht auf die ganze Stadt! Abgerundet wurde der Tag mit einem feinen traditionellen äthiopischen Enjera-Essen.

Morgen geht es in den Norden! Zusammen mit dem Greenlamp Team fliege ich nach Mekele, von wo aus wir verschiedene Health Center besuchen, in welchen Solar Suitcases installiert wurden. Ich freue mich und bin gespannt auf all die neuen Eindrücke auf dem Land.

Traditionelle äthiopische Kaffeezeremonie, jeweils nach dem Mittagessen im Kaffeehäuschen am Hamlin College. Die Gastgeberin Yeshi ist eine fröhliche Frau, ehemalige Fistelpatientin, die ihre Aufgabe jeden Tag mit Hingabe erfüllt und sich damit ihren Lebensunterhalt verdient. Ein tägliches Highlight!

14. März: Gestern glücklich angekommen, herzlichst willkommen geheissen am Hamlin Fistula Hospital in Addis Abeba, wo ich die nächsten zwei Wochen im Guesthouse wohnen werde.
Heute am Hamlin College of Midwives (Foto), wo ich ebenso herzlich aufgenommen und mir bereits vieles gezeigt wurde. Erste Worte in amharischer Sprache bin ich fleissig am üben... amäsäggänallähu - danke! für den wunderbaren Empfang!

Das Abenteuer Äthiopien begann bereits einige Wochen vor der Abreise rund um Visa, Unterrichtsvorbereitungen etc.
Nun steht die Abreise kurz bevor und es gilt zu packen. Ich freue mich sehr auf dieses Abenteuer und bin gespannt auf all das Neue, das da auf mich zukommt. Was für eine tolle Chance, so einen Einsatz machen zu dürfen!

 

 

Genf, 22. Februar: Für den ersten Monat hab ich das Visum erstmal im Pass! Der Einreise steht also nichts mehr im Weg... Mit Henriette von Greenlamp, die mich bei der ganzen Organisation tatkräftig unterstützt, wird nun unser Teilerfolg in der Genfer Sonne gefeiert. Herzlichen Dank liebe Henriette!

Mitte Februar, Unterrichtsvorbereitungen in Wädenswil:

 

... die Köpfe rauchten, die Dokumente wurden grösser und zahlreicher...

Vielen Dank liebe Sina, für deine wunderbare Mitarbeit und Unterstützung!